Ich will nicht sagen "weinet nicht", denn nicht alle Tränen sind von Übel (Gandalf)


Ich schreibe das aus purer Dankbarkeit. Ich vermisse Flare unendlich, aber das Geschenk, dass sie uns zum Abschied gemacht hat ist so unglaublich groß, dass ich es teilen möchte. 

 

Keine Ahnung, ob ich hier eine Triggerwarnung aussprechen muss, aber ich mach das hiermit einfach mal, weil mich das emotional auch mitnehmen würde.

 

Am 07.11.24 hatte ich ein Seminar für den Sachkundenachweis und somit auch auf einem Sonntag den Wecker gestellt. Allerdings wurde ich von einer hechelnden Flare wach. Ok, altes Ömchen, muss wohl schon raus und pischern gehen. Allerdings kam sie mit dem Popo so gar nicht hoch, ich konnte ihr da irgendwie auch gar nicht bei helfen, also musste Tobi ran. Er hat sie auch einfach die Treppe runtergetragen und sie ist dann auch selbständig raus gegangen. Sie hat sich an die Küche gelegt, wo ich morgens Kaffee trinke und irgendwie war sie hechelig und mies drauf. Ja, da dachte ich noch an einen schlechten Tag. Einfach ein schlechter, von Arthroseschmerz geprägter Tag. Mit Murren hat sie ihre Tabletten genommen, ich habe noch Globuli gegeben und war mir sicher, wirklich sehr sicher, dass alles soweit gut ist und ich zum Seminar fahren kann. Sie war ja nicht allein und umsorgt. Per Handy ist man ja immer in Kontakt, sie hatte dann wohl auch etwas gefrühstückt...

Mittags habe ich ein Foto geschickt bekommen, dass mir so gar nicht gefiel. Sie lag in "ihrem" Sessel, sah total geistesabwesend aus. Die Augen machten den Eindruck, als wären sie in einer anderen Welt. 

Ich wollte nur nach Hause, aber eine Nachricht, dass es ihr nicht gut geht, fehlte. Seminarende 15 Uhr... ich nach Hause. Bin auch erstmal schön geblitzt worden... Mach die Haustür auf. Eine fehlt...  Ihr kennt das sicherlich... es kommen immer alle zur Begrüßung. Normalerweise durfte Flare mich sogar noch vor allen anderen vor der Haustür begrüßen und Tobi hat sie rausgelassen... An dem Sonntag konnte sie nicht - und auch danach nie wieder. Sie konnte einfach nicht mehr aufstehen. Ich zog meine Jacke im Flur aus, ging zu ihr zum Körbchen.  Sie hob ihr Köpfchen, freute sich über meine Begrüßung, die Öhrchen vernahmen jedes Wort. Ich sah sie an und wusste es. Dieser ganze Hund sagte: "es ist schön, dass du da bist, ich habe auf dich gewartet. Ich wollte nicht gehen, ehe du nicht wieder an meiner Seite bist. "

Tobi berichtete über den Tagesverlauf, dass sie nicht mehr selbständig aufsteht,  morgens nur wenig gegessen hat, auch mit Hilfe nicht stehen kann.  Was machen? Tierklinik? Alles in mir sagt nein.

Flare hat keine Schmerzen, keinen Stress, ist einfach nur müde. Ich möchte einfach nur mit ihr auf die Couch. Mit ihr Kuscheln, sie im Arm halten, für sie da sein. Nichts in der Welt kann mich davon abhalten.  Flare liegt noch fast 2 Stunden in meinem  Arm. Als sie sich löst, schimpft Tobi mich an, dass ich gehen soll. Er weiß was kommt, ich weiß aber auch was passiert. Ich gehe nicht, ich lasse sie nicht los... aber ich sage ihr, dass ich sie gehen lasse. Dass alles ok ist, ich sie unendlich liebe und deshalb gehen lasse. Ich habe sie fest im Arm, Tobi hält ihren Kopf, schaut ihr die ganze Zeit in die Augen. Das konnte ich nicht mehr. Als sie sich übergibt und den letzten Atemzug macht, war sie schon nicht mehr bei uns.

Ich heule wie ein Schlosshund, auch jetzt noch, und trotzdem bin ich so glücklich und dankbar. Sie hat entschieden, dass ihre Zeit bei uns vorüber ist. Sie hatte keine Schmerzen, keinen Stress, brauchte keinerlei Hilfe. Ich persönlich kenne Niemanden, der das so miterleben durfte. 

Einen Tag zuvor hat sie noch den Jungspund durch den Garten gescheucht, Fangen gespielt. Normal gefressen, mit uns auf der Couch fern gesehen. Jetzt ist sie einfach gegangen.

 

Ich weiß, dass Flare mit 13,75 Jahren schon eine echte Oma war und ich habe wirklich versucht, mich realistisch darauf vorzubereiten, dass sie nicht ewig bei uns sein wird, zumal auch die meisten Geschwister schon verstorben sind, aber damit habe ich wirklich nicht gerechnet. Ich hatte bei Rosengarten schon einen Vorvertrag hinterlegt, ein Buch über das Sterben gelesen, hätte am darauffolgenden Dienstag ein Seminar über Sterben und Trauern besucht. Ich Organisationsfreak wollte vorbereitet sein. Und dann zeigt dir das Leben, dass man sich auf nix vorbereiten kann.

 

Ihr Lieben, ich habe immer wieder versucht, das Thema Tod mal anzusprechen, vielleicht etwas im Vorfeld zu organisieren. Ich weiß, dass es schwer fällt. Hier ist es jemandem sehr auf die Füße gefallen, es zu verdrängen. Plötzlich muss man Entscheidungen treffen, viele letztendliche Entscheidungen. Tierarzt? Aufbahren? Einäscherung begleiten? Welche Art Urne? Wohin mit der Asche? Pfotenabdrücke und Fell nehmen? Ich war mit allem sehr klar im Vorfeld, aber es war nie ordentlich besprochen. Und dann braucht man auch noch ne Bescheidung vom Tierarzt für die Versicherung, die Steuerabmeldung...

 

Ich habe es geschrieben, ich habe wirklich nicht damit gerechnet, dass Flare stirbt. Sie hatte keine schwere Krankheit. War im Oktober noch mit uns im Wanderurlaub in Österreich. Hat am 17.10.24 noch bei Elke mit der Nachzucht gespielt. Naja, eher dem Avon die Nachzucht vorgestellt. Genau einen Monat vor ihrem Tod. Im Nachhinein kommt es mir so vor, als hätte sie alles vorbereitet, eingeleitet... Ganz heimlich, hat sie sich aus unserem Leben geschlichen. 

Es fing an damit, dass sie nicht mehr so gut im Bett liegen konnte und ein orthopädisches Kissen neben mir bekommen hat, damit sie die Nacht wieder durchschlafen kann. Im Wohnzimmer mochte sie lieber im Sternchenkissen als auf ihrem Sessel bei uns liegen. Normalerweise durfte keiner in "ihren" Sessel, doch jetzt durfte Avon da liegen. Spazieren gehen wollte sie am Liebsten ohne das Pack, das war ihr zu anstrengend. Ömi hat lieber Ömi-Dinge gemacht und Eichhörnchen auf dem Friedhof hinterhergeschnüffelt. Avon war ihre letzte große Aufgabe. Welpen bespaßen, dass war ihr Ding. Avon ist jetzt fast groß...

Ich hab immer gedacht, Tane würde uns vor Flare verlassen. Er wirkt bedeutend älter, hört nix mehr und sondert sich permanent ab.  Seit Flares Tod weiß ich, dass er längst Abschied genommen hatte und deshalb nicht mehr in ihrer Nähe sein wollte. Denn er ist jetzt mehr Familienhund als er es je war, mittendrin statt nur dabei. Er war der Einzige, der sich nicht verabschiedet hat, so sehr wir ihr auch dazu animieren wollten, Flare nochmal anzuschauen, er wollte nicht. Dafür ist Avon erst gewichen, als Tobi Flare rausgetragen hat. Er war den ganzen Prozess dabei und mir auch die Tage danach eine unglaubliche Hilfe. Der saugt die negativen Emotionen einfach so aus einem heraus. Rana ist halt TingTing und kommt auf negative Stimmung gar nicht klar, verkrümmelt sich lieber.

 

Flares Tod ist jetzt 1,5 Monate her. Die Hunde haben alles sofort verstanden und akzeptiert. Dass Rana insgeheim schon die Cheffin war oder werden würde, wussten wir. Dass sie so krass die Rolle der Diva übernimmt, haben wir allerdings nicht geahnt. Sie kann neuerdings Murren und Motzen wie Flare. Tane schnüffelt Eichhörnchen hinterher und Avon liegt morgens auf ihrer Bettseite, damit ich das morgendliche Kuscheln nicht so sehr vermisse. Und beim Spaziergang fängt er an sich für Bewegungsreize zu interessieren, eher Dinge, die ich jetzt nicht so vermisse...

Oder eben doch, denn ich vermisse einfach alles an Flare, einfach alles. Aber die anderen versuchen die Lücken zu füllen, oder es kommt mir halt so vor.

 

Bitte beschäftig euch mit dem Thema. Lest etwas über die Sterbephasen. Denkt über das Danach nach.

 

Ich trauere, weil ich sie so geliebt habe. Aber selbst ihr Tod hatte was unbeschreiblich Schönes. Das war einfach nur Liebe. Anders kann ich es nicht beschreiben. Flare war vom ersten bis zum letzten Atemzug ein Geschenk. Ein sehr eigenwilliges, freiheitsliebendes Geschenk und ich konnte eine Menge mit ihr und durch sie lernen. Vor allem Geduld (Atmen), Dankbarkeit, und bedingungslose Liebe.

 

Flares Kondolenzbuch bei Rosengarten.